(Sport-)Unterricht und Erziehung
Die gemeinsame Durchführung von Ritualen fördert den Gruppenzusammenhalt und die Einbindung in die Trainingsgruppe. Durch den wiederkehrenden Gebrauch der Rituale entsteht eine Vereinfachung der Organisation und der Kommunikation.
Rituale haben in komplexen sozialen Systemen, wie im Kindergarten oder im (Sport-)Unterricht die Funktion, Kindern Sicherheit, Halt, Orientierung und Geborgenheit zu vermitteln. Kinder erhalten das Gefühl, einen Teil des pädagogischen Alltags selbst aktiv mitgestalten zu können, weil sie sich aktiv an Ritualen beteiligen.
Oft sind Rituale an einen bestimmten Ort (z.B. auch ein definierter Platz in der Sporthalle) und an eine fixe Zeit (Anfang, Ende, Pause, etc.) gebunden. Für Kinder sind solche gleichbleibenden und mit dem Ritual verankerten Rahmenbedingungen wichtig, da sie die Konzentration auf die rituelle Handlung und die damit verbundene Wirkung legen. Entsprechend spielen Sprache, Geste und Mimik, nonverbale Signale oder Bewegungsarten zum Auslösen von Ritualen eine bedeutsame Rolle und sollten daher stets gleich oder zumindest wiedererkennbar bleiben.
Rituale ersetzen Verhaltensregeln
Je kleiner die Kinder sind, desto wichtiger ist dieser äussere Rahmen, da Kinder im Vorschulalter den Sinn von Regeln noch nicht begreifen können. Wenn jüngere Kinder z.B. zum ersten Mal an einem Sportangebot teilnehmen, helfen ihnen Rituale dabei, sich geborgen zu fühlen und dazu zu gehören.
So ersetzen und vereinen Rituale Verhaltensregeln, wenn diese entsprechend vorgegeben und initiiert werden. Besonders relevant für die Einhaltung solcher Rituale ist es, dass sie mit den Kindern erarbeitet, individualisiert und angepasst werden. Wenn die Kinder sich mit und in der Ausführung des Rituals identifizieren können, löst dies eine stärkere Verbundenheit und Verbindlichkeit aus.
Die Handlung muss sich – vor allem während der Ausführung – immer auf dieselbe oder annähernd gleiche Weise wiederholen.
Rituale können sich im Lauf der Zeit verändern. Besonders wenn die Kinder in einer Gruppe über mehrere Jahre zusammen sind, sollten die Rituale altersadäquat angepasst werden. Meistens eignen sich Kinder die Rituale durch Nachahmen an. Entsprechend hat die Lehr- oder Leiterperson eine wichtige Vorbildfunktion. Durch Handlungen, die in immer derselben Weise ausgeführt werden lernen Kinder situationsangemessenes Verhalten.
Micro- und Macro-Rituale
Bezogen auf den Unterricht und die Erziehung von Kindern unterscheidet Maloney (2000) Rituale in Macro- und Micro-Rituale bzw. «hohe» vs. «niedrigere» Rituale. Dabei bezeichnen Macro-Rituale die sich zyklisch wiederholenden Rituale der Tages‑, Wochen- und Jahresstruktur, während die Micro-Rituale die täglichen Handlungen und Strukturen beinhalten (wie z.B. Spielzeit, Übungszeit, Pausen, Ruhephasen, etc.).
Als Rituale mit hohem Status werden jährlich wiederkehrende besondere Ereignisse bezeichnet wie Geburtstage, Tage der offenen Tür, Abschlussfeste, Sporttage und Schulreisen. Demgegenüber stehen Rituale mit niedrigerem Status, die mehr Variabilität und Individualität zulassen. Hier sind Parallelen zu Routinehandlungen feststellbar bzw. zu Interaktionsritualen (d.h. Begrüssung der Lehr-/Leiterperson, Materialversorgung, Ordnung und Umgang mit dem persönlichen und allgemeinen Material.