Bewegte Wahrnehmung

Ablauf einer Bewegungsstunde

Der in diesem Monatsthema vorgeschlagene Lektionsablauf orientiert sich am Konzept der Stundenentwicklung im Prozess (STEP) der Psychomotorik I’B’P’. Dieses Phasenmodel wurde entwickelt mit dem Ziel psychomotorische Arbeit durchschaubar, analysierbar und praktikabel zu machen.
Lerhperson begrüsst Schüler

Das Phasenmodel I’B’P’ bietet sowohl Leitenden wie auch den Kindern klare Rahmenbedingungen, Rituale (siehe auch Karte 13 «Gute J+S-Aktivitäten – Vermitteln»), die Sicherheit und Wertschätzung schaffen aber auch Freiraum, sich intensiv mit einem Thema erfolgreich zu befassen. Die Rituale der Phase Begrüssung und Reflexion schaffen eine wertschätzende Atmosphäre. Es wird Interesse am Befinden und den Bedürfnissen jedes Einzelnen gezeigt, und durch die Frage am Schluss «Was hat euch am besten gefallen?» wird der Fokus auf das Positive, auf die persönlichen Erfolgserlebnisse gelenkt. Die Kinder lernen nicht nur ihren physischen Körper wahrzunehmen, sondern auch die eigenen Gefühle, Eindrücke und Bedürfnisse.

Das Wissen um das Befinden der Kinder ist für eine Leiterperson eine Stütze für einen individuellen und achtsamen Umgang mit ihnen. Das Gleiche gilt auch umgekehrt für die Kinder, wenn sie das Befinden der Leiterinnen kennen. Die ausgesprochenen Wünsche und Bedürfnisse unterstützen die Selbstbestimmtheit und Sinnhaftigkeit der Stunde. Weiter können Verlauf des Befindens, Erfolgserlebnisse und Interessen der Kinder evaluiert werden.

Im Folgenden sind die Inhalte der einzelnen Lektionsteile beschrieben.

Einstieg in die Lektion

Ankommen: Die Kinder kommen in einen einladenden Raum, mit einer offenen und wertschätzenden Atmosphäre, mit aufmerksamen Leiterinnen, die im Hier und Jetzt sind, um die Kinder zu begrüssen.

Begrüssung: Der offizielle Beginn der Stunde findet gemeinsam statt und ist durch ein Ritual gekennzeichnet. Die Begrüssung findet immer im gleichen Rahmen statt, es gibt klare Regeln und Abläufe. Das Gleichbleibende ermöglicht Orientierung, gibt Vertrauen und Sicherheit. Es wird nach dem Befinden und der Wünsche der Kinder und Leiterinnen gefragt. Wichtig ist, dass alle einander aufmerksam zuhören. Ein mögliches Begrüssungsritual ist in den Lektionsbeispielen dieses Monatsthemas zu finden.

Bemerkungen:

  • Die vorgestellten Spielideen sind aufgeteilt in die drei Sinne der Propriozeption. Die Aufteilung dient lediglich als Hinweis darauf, welcher Sinn am meisten angesprochen wird. Denn kein Sinn kann isoliert trainiert werden. Schliesslich bildet der Mensch ein System, das zusammen mit allen Sinnen und Körperteilen funktioniert.
    In den Lektionsbeispielen ist jeweils ein Spiel beschrieben. Dieses darf nach Bedarf mit anderen Spielen ausgetauscht werden, die in der Spielübersicht aufgeführt sind.

Der Hauptteil

Intensive Phase: Jetzt dürfen sich die Kinder intensiv mit dem Thema der Stunde auseinandersetzen. Zu Beginn werden zwei Bewegungsabfolgen mit Fokus auf einen der drei Sinne der Körperwahrnehmung geübt und am Schluss eine einfache Aikidotechnik durchgeführt. Die drei Sinne werden immer alle mit angesprochen, denn bei jeder Bewegungsabfolge muss das übende Kind immer wissen, wo sein Körper ist (Stellungssinn), wie schnell oder langsam er sich bewegt (Bewegungssinn) und wie der Widerstand und die Kraftaufwendung (Kraftsinn) zusammen mit dem Partner ist. Mit der Aufforderung, worauf sich die Kinder konzentrieren sollen, wird der Fokus auf einen der drei Sinne gelenkt.

Bemerkungen:

  • Jedem Sinn ist in diesem Schwerpunktthema ein Lektionsbeispiel gewidmet. Die drei Lektionen (siehe «Mehr zum Thema») sowie auch die zwei Übungen und die Technik einer Lektion sind aufeinander aufgebaut. Es empfiehlt sich, sie in der vorgeschlagenen Reihenfolge durchzuführen.
  • Die Wahrnehmung kann intensiviert werden, indem die Übungen mit ganz oder teilweise geschlossenen Augen durchgeführt werden. Der Ausschluss des visuellen Sinnes führt zu einer Kompensation durch das propriozeptive System, welches dadurch intensiver arbeiten muss und eine fokussierte Wahrnehmung auf den eigenen Körper ermöglicht. Bei welchen Übungen sich diese Variante anbietet, ist bei den Beispielen vermerkt.

Eine Steigerung des Übungsniveaus kann durch Atemarbeit erreicht werden. Beim Angriff wird eingeatmet – die Energie des Ukes wird aufgenommen. Bei der Durchführung der Technik wird ausgeatmet – die Energie wird weitergeleitet.

Abschliessen der Lektion

Ruhe und Entspannung: Nach der intensiven Arbeit ist es an der Zeit loszulassen, zur Ruhe zu kommen und zurück in den Alltag zu finden. Meistens genügt dazu eine Übung, welche in Ruhe und ohne Zeitdruck durchgeführt wird. In den Lektionsbeispielen ist jeweils ein Entspannungsspiel beschrieben. Dieses darf nach Bedarf durch ein anderes Spiel aus der Spielübersicht ausgetauscht werden.

Reflexion: Der Abschluss findet auch wieder als Ritual statt, mit klaren Regeln und Abläufen. Ziel der Reflexion ist es, in der Lektion Erlebtes verbal aufzuarbeiten. Dadurch gelangt es auf eine andere Bewusstseinsebene und ermöglicht einen Transfer ins Kognitive. Ein mögliches Reflexionsritual findet sich in den Lektionsbeispielen.

Nachklang: Sowohl bei Kindern als auch bei Leiterinnen klingen und wirken die Ereignisse der vergangenen Stunde nach. Von Interesse ist jeweils, welche Wirkung die Stunde hinterlassen hat. Die Leiterin verlässt zusammen mit den Kindern den Bewegungsraum und bleibt in der Nähe der Kinder. Das eröffnet ihr die Möglichkeit, an weitere Informationen zu kommen, welche die Kinder in der Rückmeldungsrunde nicht geäussert hatten.