Immer politisch korrekt?
«Sagt man Behinderung, Beeinträchtigung oder vielleicht doch Handicap?» Eine oft gestellte Frage. Die Antwort ist immer die Gleiche und wird vom Fragestellenden meistens mit Erleichterung aufgenommen: Alle drei Varianten sind korrekt und akzeptiert. Hauptsache, der Mensch steht im Zentrum. Also: Nicht über «Behinderte», sondern von und mit Menschen mit Behinderungen sprechen.
Belehrt man sein Gegenüber mit politisch überkorrekten Begrifflichkeiten, kann das hemmend auf das Verständnis und die Akzeptanz wirken. Damit werden die oftmals schon vorhandenen Berührungsängste unnötig befeuert. Stattdessen soll, metaphorisch gesprochen, der Ball flach gehalten werden. Der Leitfaden «Sprache ist verräterisch» (pdf) von Agile.ch, die Organisation von Menschen mit Behinderungen gibt wertvolle Inputs zur Thematik der sprachlichen Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen.
Fragt man Betroffene nach ihren Präferenzen, entgegnen die meisten mit Aussagen wie: «Das ist mir nicht wichtig, solange man mir auf Augenhöhe begegnet.» Trotzdem fragt man sie am besten gleich selber, wie sie es gerne hätten, denn auch da sind die Meinungen und Wünsche unterschiedlich. Dies zeigen auch ihre Statements. Hören Sie, was die Botschafterinnen und Botschafter von PluSport zum Thema Wording zu sagen haben.
Definitionen
Inklusion
Begriffe wie Inklusion oder Diversity sind salonfähig, oder anders gesagt, zu Modewörtern geworden. Viele verstehen etwas darunter, die Definitionen sind unterschiedlich. PluSport vertritt die Ansicht: «Inklusion ist ein Gesellschaftskonzept, in dem sich jeder Mensch – unabhängig der Voraussetzung – zugehörig fühlt.»
In einer inklusiven Gesellschaft wird niemand ausgegrenzt, Unterschiedlichkeit wird toleriert und als selbstverständlich betrachtet. «Normal» ist nur, dass alle Menschen verschieden sind und eben auch im Sport unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen haben. Was die Botschafterinnen und Botschafter von PluSport zur Inklusion zu sagen haben, hören Sie im Clip.
Foto: PluSport
Formen von Beeinträchtigungen
Es gibt unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Beeinträchtigungen. Wo sie anfangen und wo sie enden, kann nicht eindeutig abgegrenzt werden. So gibt es auch keine einheitliche Definition. Das Bundesamt für Statistik definiert Menschen mit Behinderungen gemäss Behindertengleichstellungsgesetz als Personen, die ein dauerhaftes Gesundheitsproblem haben und die bei Tätigkeiten des normalen Alltagslebens (stark oder etwas) eingeschränkt sind. Das Spektrum der Zielgruppe kann der Darstellung entnommen werden, die Icons sind exemplarisch. Auch da gibt es ganz unterschiedliche. Dabei entstehen Behinderungen häufig erst durch Barrieren der Umwelt.
Im Leistungssport ist eine Klassifizierung zentral, damit ein fairer Wettkampf möglich wird (siehe Klassifizierung Leistungssport – Swiss Paralympic)
Wenn es nicht eindeutig ist
Darüber hinaus gibt es Formen von Beeinträchtigungen, die unsere Gesellschaft bis heute nicht genau einordnen kann. Es handelt sich dabei unter anderem um «andere Arten des Seins». Die Rede ist von Autismus-Spektrum-Störungen (ASS), vom Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS) oder vom Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS). Bei Letzteren kennen die Meisten nur die stereotypen Symptome, also Konzentrationsschwierigkeiten oder den «Zappel-Philipp», der nicht stillsitzen kann (siehe Fokus).
Mehr Informationen zu den einzelnen Behinderungsbildern in Bezug auf den Sport finden Sie hier:
Setting
Das Setting definiert den Rahmen, in dem sich Menschen begegnen. Individuell oder organisiert? Wichtig ist: Es soll niemand aufgrund körperlicher, kognitiver oder psychischer Voraussetzungen ausgegrenzt werden. Selbstverständlich auch nicht aufgrund der Ethnie, des Glaubens oder der Geschlechtsidentität. Es ist zentral, dass sich eine Person entscheiden darf, in welchem Rahmen sie sportlich aktiv sein möchte.
Diese Wahlfreiheit muss allen Personen in ihrer erweiterten Wohnregion ermöglicht werden – Stichwort: Willkommenskultur. Behindertensportvereine koexistieren regional neben Regelsportvereinen. Das hat seine Berechtigung. Aktuell und auch in Zukunft wird es wohl weiterhin Bedarf nach beiden Strukturen geben. Die Strategie muss dahin gehen, dass sich der Regelsport im Sportsystem Schweiz den Sportler/-innen mit Behinderungen öffnet. Auf der anderen Seite sollen sich Behindertensportvereine auch aktiv mit Regelsportvereinen vernetzen.
Mehr zum Thema Setting und Organisation finden Sie hier: Separativ, integrativ oder inklusiv?