Einfach inklusiv

Methodische Tipps und Praxis-Tools

Das Sportangebot für Sportler/-innen mit Behinderungen zu öffnen ist eine Chance für alle, nicht nur für Menschen mit Behinderungen. Gerade in Schulklassen und Sportvereinen gehört der Umgang mit Heterogenität zum Alltag, und die methodischen Tipps und Tricks können jeden Unterricht bereichern. Eine inklusionsfreundliche Haltung kommt somit allen zugute.

Wenn sich ein Sportverein bewusst für integrative oder inklusive Angebote entscheidet, ist ein erster Schritt in Richtung verantwortungsbewusster Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention getan. Wichtig ist, dass dem Thema in der Vereinsorganisation entsprechend Rechnung getragen wird. Dazu trägt z.B. die Schaffung einer zusätzlichen Funktion «Inklusionsverantwortliche/r» bei. Im Wissen der allgegenwärtigen Knappheit personeller Ressourcen in der Vereinslandschaft ist es ratsam, die Ziele dieser Funktion realistisch zu definieren.

Praxis-Tools

6+1 Modell

6+1 Modell:: Character Leiterin

Das Modell 6+1 des adaptiven Sportunterrichts (Grafik von J+S 2022, nach Tiemann, 2013) ist ein ideales Tool für Sportleitende, um Bewegungsaufgaben inklusiv zu planen und durchzuführen. Das Modell findet in der Sportwissenschaft und -praxis grosse Akzeptanz.

Neben J+S stützt auch PluSport sein Inklusions-Lehrmittel Vielfalt bewegt – Inklusion im Sport darauf ab (siehe unten). Die Leitenden mit ihrer Haltung stehen im Zentrum eines guten Bewegungs- und Sportunterrichts, dafür steht das +1.

Die sechs Jonglierbälle stehen symbolisch für Werkzeuge, die helfen, Sport- und Bewegungsaktivitäten anzupassen. Das Modell kann bei der Vorbereitung des Unterrichts, aber auch während der Durchführung unterstützen, wenn etwas nicht funktioniert. Spannend ist es auch, bei der Lösungsfindung die Sportgruppe mit einzubeziehen. Hier einige methodisch-didaktische Ideen zu den sechs Jonglierbällen:

Kommunikation

6+1 Modell: Kommunikation
  • Mit Piktogrammen arbeiten (u.a. bei ASS/ADS/ADHS sowie Hörbehinderungen hilfreich)
  • Klare Regeln vereinbaren bezüglich Lautstärke sowie Art und Weise der Kommunikation z.B. mit Namen ansprechen, bevor man den Ball zuspielt
  • Über verschiedene Sinneskanäle kommunizieren z.B. auditiv, taktil und visuell
  • Einfache Sprache anwenden

Sozialformen

6+1 Modell: Sozialformen
  • In kleinen Gruppen arbeiten
  • Im Tandem arbeiten
  • Miteinander statt gegeneinander (kooperative Bewegungsformen)
  • Unterstützende Rollen definieren z.B. Zuspieler/-in
  • Niveau bzw. Leistungs- oder Interessengruppen bilden und auf verschiedenen Feldern spielen

Aufgabenstellung

6+1 Modell: Aufgabenstellung
  • Die Aufgabe so stellen, dass sie für alle erreichbar ist, z.B. indem beim Basketball unterschiedliche «Körbe» aufgestellt werden (z.B. verschieden hoch, unterschiedliche Grösse, Basketballbrett, Schwedenkasten, Reifen, etc.)
  • Die Aufgaben Stellung erleichtern oder erschweren je nach Niveau
  • Die Aufgabe Schritt für Schritt aufbauen
  • Einen anderen Fokus wählen, z.B. nicht die Leistung des Einzelnen zählt, sondern dass man die Aufgabe im Team schafft

Lernumfeld

6+1 Modell: Lernumfeld
  • Eine reizarme Umgebung schaffen
  • Lichteinflüsse beachten
  • Bei störendem Lärm allenfalls Ort wechseln, wenn möglich
  • Strukturierte Abläufe, einfach und ohne Zeitdruck erklärt
  • Rituale; z.B. bei Begrüssung oder Verabschiedung, aber auch während des Unterrichts/des Sports
  • Rückzugsort, «Pausen-Insel» in ruhiger Umgebung schaffen

Regeln

6+1 Modell: Regeln
  • Spezialaufgaben und Rollen verteilen je nach Stärken und Kompetenzen
  • Spielen mit Zonen
  • Individuelle Regeln
  • Spielfeldgrösse anpassen

Materialien

6+1 Modell: Materialien
  • Spezialmaterial: Klingelball
  • Klar sichtbare Teams (Trikots sind besser geeignet als Bändeli)
  • Weiche/Leichte Bälle als Alternativen
  • Starke Kontraste bei Bällen helfen Menschen mit einer Sehbehinderung
  • Pamir für das Reduzieren von Reizen
  • Spezialgeräte: Sportrollstuhl, Sportprothese, Orthesen usw.

Lernbaustein Jugend+Sport

Kartenset-Lehrmittel Vielfalt bewegt – Inklusion im Sport

PluSport hat 2020 ein Praxislehrmittel produziert, das auf 50 Karten Spiel- und Übungsideen mit methodischen Tipps zur Umsetzung zeigt. Die theoretischen Aspekte im Umgang mit Vielfalt im Sport lehnen sich am 6+1 Modell von Tiemann und am Lehrplan 21 an. Das Kartenset ist in Deutsch, Französisch und Italienisch beim Ingold Verlag erhältlich.

Stationentraining Rollstuhlsport

Weitere Good-Practice Beispiele spezifisch für das Thema Rollstuhlsport finden sich hier:


Methodisch-didaktische Inputs für gute inklusive Aktivitäten

  • Genügend Ressourcen einplanen: Helfende, adaptiertes Material und allenfalls Hilfsmittel
  • Individualisieren: Sportmotiven und Bedürfnissen der Teilnehmer/-innen Rechnung tragen
  • Bereitschaft, Mehraufwand zu betreiben
  • Flexibilität: mit einem Plan in die Umsetzung, aber mit Offenheit für das Endergebnis
  • Schwarmintelligenz nutzen – partizipativ: Alle Teilnehmenden helfen, den Inhalt zu adaptieren
  • Mögliche Anpassungen im Kopf bereit haben und situativ anwenden
  • Experimentieren und dabei den Entwicklungen Raum und Zeit geben
  • Mut zum Unkonventionellen, Ideenreichtum, Kreativität, Furchtlosigkeit
  • Bereitschaft sich in diesem Bereich weiterzubilden
  • Wichtige Player einbeziehen: Teilnehmer/-innen, Eltern, Bezugspersonen, Vorstand
  • Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und ins Gegenüber!

Wer Inklusion als Chance versteht und sich dafür öffnet, ebnet den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.


Organisations-Hilfen

Checklisten: Förderfaktoren und Massnahmen für das Gelingen von Inklusion im Sportverein

Im Downloadbereich der Webseite «Inklusion» von PluSport finden Sie unter anderem eine strukturierte Checkliste mit weiterführenden Links, die Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützt. Zudem gibt es von Jugend und Sport eine Checkliste, für den Weg zu einem inklusiven J+S-Angebot. Beim Programm Unified von Special Olympics wird das Inklusionsrad verwendet, um den Inklusionsprozess zu begleiten und zu unterstützen.

Inklusion im Sport

Welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für inklusive Sportangebote für Sportvereine? Antworten zu dieser und anderen häufig gestellten Fragen gibt’s hier:

Sport und Behinderung bei Jugend+Sport

«Das gemeinsame Sporttreiben von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen innerhalb eines Vereins oder einer Jugendorganisation ist für J+S ein wichtiges Mittel zur Förderung von Inklusion», so leitet J+S die Thematik auf ihrer Webseite ein. Hier finden Sportleitende unter anderem Weisungen zur Generierung zusätzlicher Beiträge oder Merkblätter zum integrativen Handeln oder zur inklusiven Gestaltung von J+S Angeboten.


Sportveranstaltungen inklusiv

Ein Blick über die Landesgrenze zeigt: Auch im Ausland gibt es gute Projekte im Bereich Inklusion, von denen die Schweiz profitieren kann. Ein Beispiel dafür ist der Leitfaden für inklusive Sportevents, der im Rahmen des Projekts INIS entstanden ist. Gestalten Sie damit auch Ihren Sportevent inklusiv.

In der Schweiz gibt es weitere Unterstützungshilfen für inklusive Events:

  • Never walk alone für inklusive Laufveranstaltungen | PluSport
  • SportIn – der inklusive Sportevent für Schulen | SportIn
  • Unified Event – Sportveranstaltungen mit Unterstützung des Programms Unified inklusiv gestalten | Special Olympics