Bewegungs- und Spielgrundformen für Jugendliche

Jugendliche verstehen

Jugendliche sind keine grossen Kinder, aber auch keine kleinen Erwachsenen. Verschiedene Herausforderungen tauchen in der Arbeit mit ihnen auf. Die Heranwachsenden erleben in der Pubertät grosse biologische, psychische und soziale Veränderungen. Auch das Lern- und Bewegungsverhalten verändern sich. Diesen Tatsachen müssen Sportleitende Rechnung tragen und sie bei der Trainingsgestaltung miteinbeziehen.

Lieterin erklärt einer Gruppe Jugendlicherr ein Spiel.

Identitätssuche und abnehmender Bewegungsdrang

Die erste Phase der Pubertät (Pubeszenz) zeichnet sich aus durch eine ausgeprägte Identitätssuche. Oft haben die Mädchen und Knaben ein mangelndes Selbstwertgefühl und sind leicht zu verunsichern. Der Mut für schwierige Aufgaben fehlt. Auch der Bewegungsdrang nimmt im Vergleich zum Kindesalter ab. Die Jugendlichen haben weniger Lust am Lernen und die Leistungsbereitschaft ist kleiner. Dies führt auch dazu, dass die Freude am sportlichen Wettkampf abnimmt.

In dieser Phase sind viel Fingerspitzengefühl und Unterstützung durch die Trainerinnen und Trainer nötig. Durch geschickte Trainingsgestaltung mit spielerischen Elementen wird die Bewegungsfreude geweckt und die Motivation gesteigert. Die Heranwachsenden haben das Bedürfnis nach Mitbestimmung und Zugehörigkeit. Ein kooperativer Führungsstil und Mitspracherecht werden immer wichtiger. Zur Steigerung des Selbstwertgefühls sollen Erfolgserlebnisse ermöglicht und der Teamgeist gefördert werden.

Stabilisierung und Rollenfindung

In der zweiten Phase der Pubertät (Adoleszenz) wird die Entwicklung zum Erwachsenen abgeschlossen. Die Jugendlichen gewinnen an Kraft und die sportliche Leistungsfähigkeit nimmt zu. Diese Phase ist geprägt durch eine Stabilisierung der hormonellen Prozesse und der psychischen Grundsituation. Die jungen Erwachsenen finden sich in ihren neuen Rollen ein und haben eine zunehmend eigene Persönlichkeit. Die Bewegungsfreude steigt bei vielen wieder. Die Lern- und Leistungsbereitschaft sind aber sehr individuell ausgeprägt und die Motive zum Sporttreiben können sich nun stark unterscheiden. Gesundheit, Fitness, Muskelaufbau, aber auch Freude an Bewegung und Spiel, Gemeinschaft oder Entspannung sind wichtige Intentionen, um sportlich aktiv zu sein.

Das Jugendalter ist auch geprägt durch Meilensteine wie Berufswahl und Schulabschluss. In dieser Phase von Veränderungsprozessen hören Jugendliche vermehrt mit dem Sport auf. Es kommt zum Drop out (siehe Sport Schweiz 2020 – Kinder- und Jugendbericht (pdf).

In der gesamten Pubertät müssen die unterschiedlichen Voraussetzungen der Teilnehmenden beachtet werden. Der körperliche und psychische Entwicklungsstand, die Motive, die Haltung und Interessen der Jugendlichen unterscheiden sich stark und haben einen grossen Einfluss auf die Motivation, die Leistungsbereitschaft und die sportliche Leistungsfähigkeit.


Definition Jugendliche

Die Entwicklungsstufen im Kindes- und Jugendalter (angelehnt an Zahner & Schweizer, 2008)
Die Entwicklungsstufen im Kindes- und Jugendalter (angelehnt an Zahner & Schweizer, 2008)

Die folgenden Inputs unterstützen dich dabei, deinen Unterricht jugendlichen-gerecht zu planen und durchzuführen:

Hör den Jugendlichen zu und nimm sie ernst

Die Pubertierenden grenzen sich von ihren Eltern und anderen Erwachsenen Autoritätspersonen ab. Als Sportleitende können wir eine Sonderrolle einnehmen, indem wir ein offenes Ohr für die Jugendlichen und ihre Probleme haben.
Tipp: Achte darauf, dass du jeden Teilnehmenden persönlich begrüsst und verabschiedest. Nimm dich dabei bewusst auch den ruhigen und unauffälligen Teilnehmenden an und frag sie, wie ihr Tag war oder wie es ihnen geht.

Erarbeite gemeinsam mit den Jugendlichen nachvollziehbare Regeln

Regeln schaffen eine klare Struktur und sind Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander. Wenn die Jugendlichen in den Prozess der Regelerstellung miteinbezogen werden und die Notwendigkeit verstehen, sind sie eher bereit sich daran zu halten.
Tipp: Besprich zum Saisonstart mit deiner Gruppe, welche Verhaltensregeln bei euch gelten und welche Konsequenzen eine Nichtbeachtung nach sich zieht. Haltet es als «Commitment» auf einem Plakat fest und unterschreibt dieses.

Lass die Teilnehmenden mitreden und übertrage ihnen Verantwortung

Indem wir den Jugendlichen Verantwortung übertragen, stellen wir Vertrauen her und stärken ihren Selbstwert. Sie lernen dabei, sich selbständig zu organisieren, Entscheidungen zu treffen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Tipp: Erstelle gemeinsam mit den Teilnehmenden einen Ämtliplan. Sie sind dann für eine bestimmte Zeit für verschiedene Aufgaben rund um den Trainingsbetrieb zuständig. Bitte eine Teilnehmerin (oder zwei zusammen) eine Übungs- oder Spielform (z. B. für das Aufwärmen oder den Ausklang) vorzubereiten und diese anzuleiten.

Setze passende Rituale im Trainingsalltag ein

Rituale sind nicht nur im Kindersport wichtig. Sie vermitteln Sicherheit, schaffen einen geregelten Ablauf, eine lernförderliche Umgebung und fördern die Zusammengehörigkeit.
Tipp: Setze ein «Klatsch-Ritual» ein, um die Aufmerksamkeit und Ruhe deiner Gruppe zu bekommen. Beginne damit, einen einfachen Rhythmus zu klatschen. Nach und nach stimmen alle Teilnehmenden mit ein und nehmen mit dir Blickkontakt auf. Wenn es dann komplett ruhig ist, startest du mit der Erklärung.

Stärke den Selbstwert der Teilnehmenden und stelle niemanden bloss

Die Teilnehmenden in unseren Sportangeboten sollen sich nicht nur in den sportlichen Bereichen verbessern, sondern auch ihre Lebenskompetenzen entwickeln. Als Sportleitende ermöglichen wir ihnen an Herausforderungen zu wachsen und unterstützen sie in der Persönlichkeitsentwicklung.
Tipp: Kommentiere nicht gleich jeden Fehler. Gib den Teilnehmenden etwas Zeit und nimm am Anfang eine Beobachterrolle ein. Bring dich nach und nach ein und erarbeite gemeinsam mit ihnen Verbesserungsvorschläge. Achte beim Lob darauf, auch das Engagement und den individuellen Fortschritt zu berücksichtigen.