Die Schule als Sperrbezirk?
Die kritische Haltung der Lehrpersonen dem Fussball gegenüber mag ihre Gründe haben. Deshalb auf das beliebte Spiel zu verzichten, ist keine Lösung. Fussball soll seinen Platz im Unterricht haben.
Fussball ist in der Sportwelt meist Thema Nummer eins. Auch als Nichtfussballfan wird man zwangsläufig mit Informationen zum nächsten Fussball-Grossereignis überhäuft. Kaum eine andere Sportart bewegt wohl so viele Menschen in der Schweiz. Rund 240000 aktive Spieler zählt der Schweizerische Fussballverband (SFV). In der Schule ist Fussball jedoch umstritten und wird häufig aus den Turnstunden verbannt. Wie kommt es, dass ein Spiel, das in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzt, in den Schulen so kritisch betrachtet wird?
Der Gründe sind viele
Wie so oft, gibt es auch hier mehrere Gründe. Weibliche Lehrpersonen, und von denen gibt es bekanntlich immer mehr, haben oft nie richtig Fussball spielen gelernt. Sie fühlen sich daher oft nicht kompetent genug, ihren Schülerinnen und Schülern das Kicken beizubringen. Viele Lehrpersonen fragen sich zudem, ob etwas, was auf dem Pausenplatz und in der Freizeit so häufig gespielt wird, auch noch in der Schule thematisiert werden muss.
Grosse Leistungsunterschiede als Hindernis?
Ein häufig angeführtes Argument ist das Gefälle an spielerischen Fertigkeiten innerhalb einer Klasse. Die ausserschulischen Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler unterscheiden sich im Fussball wie in kaum einer anderen Sportart. Diesen vielfach höchst unterschiedlichen technischen Voraussetzungen muss die Lehrerin oder der Lehrer Rechnung tragen und seine Unterrichtsgestaltung entsprechend ausrichten. Schliesslich hat das Bild des Sportlehrers, der sich nicht vorbereitet und einfach «einen Ball in die Halle wirft» ebenfalls nicht zum besseren Ansehen des Fussballspiels in der Schule beigetragen – ob dieses Bild nun der Realität entspricht oder nicht!
Die Erfahrungen der Schüler
Heinz Gmür, Sportlehrer am Gymnasium Bern–Neufeld möchte den Lehrerinnen und Lehrern Mut machen, im Unterricht Fussball zu spielen. Ihn stört es nicht, dass der Lehrperson dabei manchmal eine untergeordnete Rolle zukommt, sondern sieht dies als Chance: «Fussball ist eines der Spiele, das wohl am besten gespielt werden kann, auch wenn man selbst nicht so kompetent ist. Die Schülerinnen und Schüler bringen meist bereits Know-how mit. Die Schülerinnen und Schüler kennen die Regeln und können das Spiel in den meisten Fällen selbst regeln. Man darf sie ruhig einmal machen lassen.»
Einfach kicken lassen
Gmür sieht aber vor allem in den Grundanlagen des Fussballspiels die Vorteile gegenüber anderen Sportspielen. «Fussball lässt sich auch spielen, wenn man technisch nicht zu den Begabtesten gehört. In den Pausen und in der Freizeit spielen die Kinder und Jugendlichen, zunehmend auch die Mädchen, eher Fussball und nicht Volleyball. Das ist technisch zu anspruchsvoll.» Zudem wird keine spezielle Infrastruktur benötigt. Ein Ball und zwei Tore, respektive vier Malstäbe oder zwei Schwedenkasten als Torersatz, genügen.
Fussball als Option
Im Spiel mit dem runden Leder können die Schülerinnen und Schüler viele taktische und technische Grundkompetenzen erwerben, die sie in anderen Sportspielen wieder anwenden können. Auch die pädagogischen und gesellschaftlichen Werte, die im Sportunterricht nachLehrplan vermittelt werden sollen, können mit Hilfe vom Fussball aufgezeigt werden: gewinnen–verlieren, sich an Regeln halten, eine zugeteilte Rolle im Team einnehmen und gemeinsam mit den Mitspielern ein Ziel verfolgen. Heinz Gmür betont jedoch, dass Fussball eine Möglichkeit unter vielen ist, die Teamfähigkeit und Fairness zu schulen. Diese Ziele können mit Fussball nicht besser, aber auch nicht schlechter, verfolgt werden.