Sportlereltern

Lernerfolge begleiten ohne Druck

Eltern sein ist schwer – Eltern sein von Sporttalenten noch mehr. Deshalb sollten Trainerinnen und Trainer versuchen, Eltern bestmögliche Hilfestellungen in der Begleitung ihrer sporttreibenden Kinder anzubieten. Dieser Beitrag stellt Trainerinnen und Trainern ein Hilfsmittel zur Verfügung, das sie in ihrer täglichen Arbeit mit Eltern unterstützen soll. Er basiert auf dem aktuellsten Forschungsstand.

Alle Kinder benötigen individuelle Unterstützung und jede Eltern-Kind-Beziehung ist einzigartig. Daher ist es schwierig allgemeine Vorgaben zu einer sinnvollen elterlichen Begleitung von Sporttalenten zu machen. Folgende Auflistungen zeigen mögliche Folgen des elterlichen Verhaltens gegenüber des sporttreibenden Kindes in positiver aber auch in negativer Hinsicht.

Das Positive hervorheben

Jedes Kind benötigt emotionale Unterstützung, wie beispielsweise konstruktives Feedback oder persönliche Aufmunterung. Zudem ist es zentral, als Eltern nicht das sportliche Resultat, sondern die gezeigte Anstrengung und die individuellen Fortschritte zu kommentieren. Diese Unterstützungsformen können nicht nur einen positiven Einfluss auf die sportliche Leistung des Kindes haben, sondern auch auf dessen Wohlbefinden.

Was wird allgemein unter positiver Unterstützung verstanden?

  • emotionale Unterstützung,
  • Fokussierung auf sportliche Entwicklung (Fortschritte) und nicht auf Endresultat,
  • konstruktive Kommentare zu Anstrengung und Verhalten des Kindes,
  • intrinsische Motivation des Kindes fördern,
  • Spass am Sport steht an erster Stelle und dieser wird anhand von vorbildlichen Rollenmodellen erhöht.

Negativspiralen vermeiden

Leider kann elterliche Unterstützung ebenfalls unerwünschte negative Folgen für ein Kind haben, dies auch unbeabsichtigt. Negative Unterstützung orientiert sich beispielsweise nur an der Leistung des Kindes. So gibt es Eltern, die ihr Kind nur bei guter Leistung aufmuntern und bei schlechter Leistung zeigen sie Desinteresse an Training und Wettkämpfen. Dies kann unerwünscht aufseiten des Kindes eine zu hohe Leistungsorientierung und demzufolge eine mögliche Frustration bei nicht erreichter Leistung zur Folge haben.

Was wird allgemein unter negativer Unterstützung verstanden?

  • Training behindern durch kritisches Feedback,
  • zu hohes Engagement im Sport,
  • Kommentare über Leistung,
  • zu stark in eine Richtung drängen,
  • überkritische Reaktion,
  • mehr auf Resultate achten als auf die Entwicklung des Kindes.

Einflussfaktoren

Starkes elterliches Engagement kann als Druck (negativ) oder Unterstützung (positiv) wahrgenommen werden. Mögliche Einflussfaktoren der elterlichen Unterstützung können sein:

  • Übereinstimmung der sportlichen Ziele der Kinder mit denen der Eltern;
  • der allgemeine Kontext und Zeitpunkt, in dem die Eltern das Kind unterstützen (ist das Kind im Training, zuhause oder beim Wettkampf?);
  • die Art und Weise der geleisteten Unterstützung;
  • die Persönlichkeit und Beziehungsqualität der Beteiligten.

Die Eltern können ihr unterstützendes Verhalten erhöhen, indem sie dem Kind helfen, folgende vier psychologischen Grundbedürfnisse zu befriedigen:

  • Selbstwirksamkeit: Erlebt sich das Kind als wirksam bei seinen Handlungen? Eltern können ihr Kind bei der Erhöhung der Selbstwirksamkeit unterstützen, beispielsweise durch das Erfahren von Erfolgserlebnissen im Sport oder zuhause. Kinder können somit ihre gesetzten Ziele besser erreichen oder gar ihre persönliche Höchstleistung abrufen.
  • Intrinsische Motivation: Handelt das Kind mit einem inneren Antrieb? Durch das Erleben von Spass am Sport und das Vorleben von positiven Rollenmodellen aufseiten der Eltern kann die intrinsische Motivation des Kindes erhöht werden.
  • Selbstregulation: Kann sich das Kind bei emotionalen Veränderungen selbst regulieren? Das Kind kann seine Selbstregulation erhöhen, indem es im Training (und zuhause) lernt, mit den auftretenden Emotionen umzugehen. So ist das Kind konzentrierter im Training und kann sich und seine Emotionen besser regulieren.
  • Selbstwirksamkeit im sozialen Kontext: Sind dem Kind sein soziales Umfeld und dessen Einflüsse bewusst? Das Kind lernt im Sport mit seinem Umfeld zusammenzuarbeiten und sieht, welche Auswirkungen seine Handlungen auf sein Umfeld haben. Dies erhöht die Selbstwirksamkeit im sozialen Kontext.

Optimalerweise erhöhen Eltern vor, während und nach einem Wettkampf ihre unterstützenden Verhaltensweisen, wie emotionale Aufmunterung, und verringern gleichzeitig ihre instruktiven Verhaltensweisen wie technische Verbesserungsvorschläge.

Optimale Zusammenarbeit

Wissenschaftler haben ein Modell entwickelt, das Trainerinnen und Trainern ermöglicht, eine optimale Zusammenarbeit mit den Eltern des sporttreibenden Kindes aufbauen zu können. Das Working with Parents in Sport Model (WWPS-Modell, Lafferty & Triggs, 2014) zeigt Trainerinnen und Trainern auf, worauf in der Arbeit mit Eltern von Sporttalenten zu achten ist.

Original-Grafik des WWWP-Modells
Der Informationsaustausch erfolgt bestenfalls an einem Elternabend, an dem Trainerinnen und Trainer die Eltern optimal auf die Unterstützung ihrer Kinder vorbereiten. Quelle: Working with Parents in Sport Model (WWPS-Modell, Lafferty und Triggs, 2014)

Phase 1 – Austausch von Informationen: Eltern sollen ihr Sportwissen erhöhen und den Sport ihrer Kinder besser verstehen lernen. Weiter ist es wichtig, dass die Eltern sich der Rollenverteilung, der Beziehung zu ihrem Kind und dessen Trainer sowie der zeitlichen Abläufe bewusstwerden. Am Ende dieser Phase können die Eltern unter anderem ein erhöhtes Verständnis für die Trainerrolle, die sportlichen Strukturen oder die Leistungsentwicklung des Kindes erreichen.

Phase 2 – Einfluss des Verhaltens: Die Trainerinnen und Trainer zeigen den Eltern auf, auf welche Weise emotionale Reaktionen der Eltern einen negativen Einfluss auf die Leistung des Kindes haben können. Ziel dieser Phase ist es, dass Eltern unter anderem die bedingungslose Unterstützung ihres Kindes, die Notwendigkeit ihrer Emotionsregulation sowie mögliche Bewältigungsstrategien besser verstehen lernen.

Das gesamte Modell zielt darauf ab, dass das Kind in seiner sportlichen Erfahrung von den Eltern positiv unterstützt wird. Weiter wird die Beziehung der Eltern zu den Trainern und den Teammitgliedern gestärkt.

Drei Handlungsfelder

Die nachfolgende Tabelle zeigt auf, in welcher Entwicklungsphase des Kindes gemäss dem FTEM (Foundations, Talent, Elite, Mastery) Modell welche Unterstützung vonseiten der Eltern im Training, im Wettkampf und zuhause angebracht und sinnvoll ist.

Tabelle Handlungsfelder
Die drei Handlungsfelder nach Knight, Little, Harwood & Goodger, 2016. Klicken zum Vergrössern.

Veränderungen für Eltern

Trainerinnen und Trainer sowie Eltern von Sporttalenten sollten sich im Klaren darüber sein, dass es Veränderungen für die Eltern geben wird. Hier folgen die wichtigsten Veränderungen für die Eltern:

Als Elternteil einer Sportlerin, eines Sportlers, …

  • … kann sich die Zeit- oder Geldinvestition erhöhen.
  • … kann die Elternrolle verändert werden, da Eltern einen Anteil ihrer Verantwortlichkeit an die Trainer abgeben.
  • … kann sich Überengagement entwickeln, welches negative Auswirkungen haben kann.
  • … können Kommunikationsprobleme mit Trainer oder Kind entstehen.

Elternteil = Trainer

Falls ein Elternteil auch gleichzeitig der Trainer ist, haben die Eltern eine neue Doppelrolle zu erfüllen und es sind Anpassungen des Verhaltes seitens der Eltern nötig. Einerseits kann diese Konstellation positive Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung haben. Beispielsweise besteht schon ein grosses gegenseitiges Vertrauen.

Die persönliche Bindung kann durch die gemeinsame Zeit verstärkt oder das gemeinsame Interesse und der gegenseitige Respekt erhöht werden. Andererseits kann es auch negative Auswirkungen geben: Beispielsweise wenn die Eltern oder Kinder unrealistische gegenseitige Erwartungen haben, die Kinder sich zu stark kontrolliert fühlen, mangelnde Empathie seitens der Eltern vorhanden ist oder nicht klar untereinander kommuniziert wird.