Mit Behinderung im Sportunterricht

Was ist denn anders?

Die Behinderung verstehen, die Symptome erkennen und sinnvolle Konsequenzen für den Bewegungs- und Sportunterricht ziehen: ein wichtiger Schritt in Richtung Einbezug von Lernenden mit besonderen Bedürfnissen.

Körperliche, geistige und/oder sensorische Behinderungen sind für Lernende ein Handicap. Ihnen muss in Unterrichtssituationen besondere Beachtung geschenkt werden. Und dennoch sollten sie nicht ins ausschliessliche Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Die Behinderungsarten und deren Ursachen zu kennen oder zu erkennen, liefert die Grundlage, um didaktische Strategien ausarbeiten zu können. Im Folgenden ein Überblick über die am weitesten verbreiteten Behinderungen.

Behinderung im Sport: Was ist denn anders?
Die Behinderungsarten und deren Ursachen zu kennen oder zu erkennen, liefert die Grundlage, um didaktische Strategien ausarbeiten zu können.

Sehbehinderung

Eine Schädigung des Sehorgans und/oder Sehnervs schränkt die Sehschärfe oder das Gesichtsfeld dieser Personen ein. Die ständige Reaktionsbereitschaft erhöht den Muskeltonus und führt zu einer schnelleren Ermüdung. Bei Netzhautablösung sind starke Erschütterung und Schläge zu vermeiden.

Alle Übungen, die den Augeninnendruck erhöhen (z.B. Gewichte stemmen), sind tabu. Bei Blendung und eingeschränktem Farbensehen muss Gegenlicht vermieden werden.

Lernhilfen:
– Beschreibung, abtasten, führen oder akustische Begleitung der Bewegung.
– Beschreibung der Hallenorganisation und Gerätesituation.
– Mit Hilfe der Uhrzeit Positionen im Raum und Richtungen angeben:
12 Uhr = frontal (immer so, wie das Kind steht)
11 Uhr = leichte Drehung nach links
15 Uhr = Vierteldrehung nach rechts
– Befehlsformen dienen der Sicherheit:
«Haaalt» = auslaufen max. 10 m
«Halt» = anhalten auf den nächsten 3 m
«Stopp» = sofortiger Abbruch

Hörbehinderung

Personen mit einer Einschränkung ihres Hörvermögens haben eine Schädigung des Hörorgans und/oder des Hörnervs und sind dadurch ertaubt, schwerhörig oder gehörlos. Es können leichte Gleichgewichtsstörungen (z.B. Drehschwindel) auftreten. Bei Schädigung des Trommelfels darf nicht getaucht werden.

Die Betroffenen merken zudem nicht, ob sich jemand von hinten nähert und hören nicht, ob der Ball stark oder schwach gespielt wird. Hörgeräte werden aufgrund der Verletzungsgefahr bei Schlägen auf das Ohr (z.B. durch Bälle) am besten entfernt.

Lernhilfen:
– Zuerst reden, dann vorzeigen – Licht im Rücken.
– Immer in Richtung des hörbehinderten Kindes Standardsprache sprechen und erst nach Sichtkontakt beginnen.
– Alle Anweisungen vor Übungsbeginn geben – spontane Zurufe werden nicht gehört.
– Bei Unterbrüchen (Sammlungsformen) Handzeichen geben.
– Rhythmisierungsfähigkeit kann kaum genutzt werden.

Geistige Behinderung

Menschen mit einer hirnorganischen Schädigung sind beim Lernen, in der Gesamtentwicklung und im sozialen Austausch beeinträchtigt. Sie haben Schwierigkeiten in der Bewegungsplanung und -koordination sowie in der Einschätzung von Situationen, die sie über- oder unterfordern. Ihre Aufmerksamkeit gilt oft nur der momentanen Bewegungshandlung.

Bei Trisomie 21 führt der verminderte Muskeltonus und die Bindegewebsschwäche zu Überbeweglichkeit. Spezielle Vorsicht gilt für Rollen vorwärts. Zudem müssen allfällige Herzfehler beachtet werden.

Lernhilfen:
– Einfach organisieren, klar sprechen.
– Mit Ritualen und Wiederholungen arbeiten.
– Übungen zu Ausdauer, Kraft und Differenzierungsfähigkeit anbieten.

Wahrnehmungs- und Verhaltensstörungen

Menschen mit Störungen des sensomotorischen Nervensystems haben beispielsweise Schwierigkeiten in Bezug auf die Auge-Hand-Koordination sowie beim Ballfangen und Prellen. Die Erfahrungs- und Erlebnisverarbeitung sowie Kontakte zur Umwelt können eingeschränkt sein (z.B. Autismus).

Ein unsicheres Selbstwertgefühl, eine geringe Selbststeuerung und eine tiefe Frustrationstoleranz können zu aggressivem oder gehemmtem und ängstlichem Verhalten führen. Zudem kann Über- oder Unterforderung oft nicht verbal geäussert werden.

Lernhilfen:
– Einfach und klar organisieren (Regeln, Überschaubarkeit).
– Mit Ritualen und Wiederholungen arbeiten.
– Reizarme Umgebung schaffen – weniger ist oft mehr.
– Grosse Sporthallen, viele Linien am Boden sowie Schreien und Ballprellen können rasch eine Reizüberflutung und Verunsicherung bewirken.
– Bewegungsräume zum Ausprobieren schaffen und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

 Zerebrale Bewegungsstörung

Hier besteht eine Schädigung des sich entwickelnden Gehirns, was zu einer unkontrollierten Muskel- und Bewegungskoordination sowie einer veränderten Mimik und Gestik führt. Auch Sprach- und Wahrnehmungsstörungen sind möglich.

Die Muskelspannung ist entweder zu hoch (Spastik), zu tief (Ataxie) oder schwankend (Athetose). Mangelhafte Steuerung bewirkt eine unkoordinierte, ungenaue, verkrampfte oder schwächliche Bewegungsausführung. Die erhöhte Muskelspannung führt zu rascher Ermüdung. Angst- und Stresssituationen können die Bewegungsdefizite verstärken.

Lernhilfen:
– Symmetrische und zyklische Bewegungen bevorzugen (z. B. Kraulschwimmen, Velofahren).
– Koordination favorisieren (therapeutischer Effekt).
– Krafttraining nur mit geringen Widerständen und Gewichten.
– Spastische Muskeln langsam dehnen.

Querschnittlähmung

Das Rückenmark ist geschädigt, wobei die Reizleitung/-übertragung ganz oder teilweise unterbrochen ist. Es besteht eine motorische und sensible Lähmung der Beine (Paraplegie) und der Arme (Tetraplegie) sowie Blasen- und Darmfunktionsstörungen. Die gelähmten Gliedmassen sind oft schlecht durchblutet.

Spina Bifida (angeborene Querschnittlähmung) ist häufig mit einem Hydrozephalus (Störung des Hirnwasserkreislaufes) verbunden.

Wichtig ist, die Haut auf Druckstellen, Rötungen oder Verbrennungen zu untersuchen. Der Knochenschwund in den gelähmten Körperteilen erhöht zudem die Bruchgefahr. Die Beeinträchtigungen des vegetativen Nervensystems können schneller zu Wärmestau oder Atemproblemen führen (Schatten, Abkühlung suchen).

Bei Hydrozephalus sind Tauchen und Schläge auf den Kopf (z.B. durch Bälle) zu vermeiden. Der Pulsanstieg unter Belastung ist niedriger.

Lernhilfen:
– Dehnen und kräftigen des Schultergürtels favorisieren.
– Matte/Sitzkissen als Unterlage auf Hallenboden oder Geräte legen.

Behinderung des Bewegungsapparates

Muskeldystrophien führen zum Abbau des Muskelgewebes mit Verminderung der Kraft und fortschreitenden Funktionsausfällen. Der Begriff «Glasknochen» bezeichnet eine gestörte Knochenbildung (hohe Brüchigkeit). Amputationen und Dysmelien sind Abtrennungen beziehungsweise Missbildungen von Gliedmassen.

Lernhilfen
Muskeldystrophie:
Bewegungsabläufe und Körperhaltung müssen sich den wechselnden körperlichen Voraussetzungen anpassen.
– Gefahr von Verrenkung, Ausrenkung und Knochenbrüchen nimmt zu.
– Rasche Ermüdung und Umgang mit Frustrationen erkennen.
Glasknochen:
Eher schwache Muskulatur, lockere Gelenke und Bänder.
– Schläge und Rempeleien im Spiel.
Amputationen/Dysmelien:
Asymmetrien im Körper führen zu Gleichgewichtsproblemen.
– Vorsicht bei Fehlbelastungen. Reibungen im Übergang Körper/Prothese.