Sportartspezifische Athletiktests? Unihockey geht voran
Das swiss unihockey basic screening (SUBS) zeigt, wie die Physis im Unihockey sportartspezifisch und möglichst einfach getestet werden kann. Nachfolgend werden die einzelnen Tests aus dem SUBS-Projekt detailliert vorgestellt.
Autorinnen: Rahel Heynen und Mirjam Hintermann, Eidg. Hochschule für Sport Magglingen EHSM
Inhalte
Die Sportart Unihockey hat sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Dabei spielen die physischen Leistungsfaktoren eine immer wichtigere Rolle. «Über die gesamte Spielzeit agil und wendig sein, sowie eine stabile Position halten» lautet die sportartspezifische Anforderung an die Physis.
Um genau dieser Anforderung bei den Leistungstests gerecht zu werden, hat swiss unihockey ein vierjähriges Projekt zur sportartspezifischen Überarbeitung der physischen Testbatterie lanciert: das swiss unihockey basic screening (SUBS). Das Projekt läuft von 2021 bis Ende 2024 in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM und Swiss Olympic.
Dies ist der zweite Beitrag der dreiteiligen Serie, welche dieses Projekt vorstellt. Im ersten Artikel lag der Fokus auf der Darstellung der Hintergrundgedanken von SUBS sowie möglicher Herausforderungen von Selektionen. Als Lösungsansatz wurden die Vorteile einer dynamischen Selektion, welche über einen längeren Zeitraum andauert, vorgestellt und für das Projekt folgende Massnamen abgeleitet: ganzheitliches Screening, die physischen Leistungsfaktoren sportartspezifisch messen, Erschaffung von zusätzlichen Trainingscamps sowie individuelles Feedback zu den Leistungstestresultaten.
SUBS verfolgt das Ziel, mit einem ganzheitlichen Screening die physischen Leistungsfaktoren sportartspezifisch zu erfassen. Neben den quantitativen Messwerten werden auch qualitative Daten zur Beobachtung von Bewegungsausführung und -kontrolle erhoben. Dies ermöglicht es, Defizite und vorliegende Asymmetrien frühzeitig zu erkennen und mögliche Verletzungen vorzubeugen. Die selektionierten Spielerinnen und Spieler der Nationalteams erhalten aufgrund ihrer Testergebnisse ein individuelles Feedback und werden so bei der Ausschöpfung ihres physischen Potenzials unterstützt. Dabei steht der individuelle Entwicklungsprozess im Mittelpunkt.
Da sich die Anforderungen an die Goalie-Position im Unihockey wesentlich von jener der Feldspielerinnen und -spieler unterscheidet, wurden auch die Goalie-Tests entsprechend sportartspezifisch angepasst. Dabei wurde der Fokus bei der Goalie-Position vor allem auf die Verschiebung und Positionierung gelegt.
Die drei physischen Erscheinungsformen im Unihockey
- Jederzeit stabil bleiben sowie die Kraft passend dosieren.
- Beschleunigt explosiv auf maximale Geschwindigkeit und bremst effizient während der gesamten Spielzeit.
- Täuschungen, Richtungs- und Tempowechsel über die gesamte Spielzeit erfolgreich einsetzen.
Diese drei Erscheinungsformen, welche auf dem Spielfeld beobachtbar sind, enthalten verschiedene physische Leistungsfaktoren:
- Bewegungskontrolle (Stabilität und Mobilität) und reflexive Stabilität
- Explosivität, Antrittsschnelligkeit, Abbremsen und Schnelligkeit bei Richtungswechseln
- Reaktionsfähigkeit und Orientierungsfähigkeit
- Ermüdungsresistenz: Repeated Sprint Ability
Testformen swiss unihockey
In den letzten vier Jahren wurden anhand der sportartspezifischen Leistungsfaktoren verschiedene Testformen entwickelt, getestet und validiert. Im Folgenden werden die finalen Tests aufgeführt.
Tests, bei welchen Sprints mit Hilfe von Lichtschranken gemessen werden, finden ohne Stock statt, da es aufgrund derer zu Messfehlern von bis zu 20 % kommen kann. Dies ist eine aktuelle Lösung, die es in Zukunft, zur Bewahrung der Sportartspezifität, zu beobachten und beurteilen gilt.
1. Anthropometrie: Grösse, Gewicht und Befindlichkeit
Um die körperliche Entwicklung zu beobachten werden Grösse und Gewicht erhoben. Der Spieler und die Spielerin können die aktuelle Befindlichkeit am Testtag auf einer Skala von 1 bis 6 (1 = schlecht, 2 = angeschlagen, 3 = unwohl, 4 = okay, 5 = gut, 6 = fit) angeben.
2. Einbeinkniebeugen und Flieger
Die Bewegungskontrolle bildet die Grundlage für alle sportartspezifischen Aktionen auf dem Spielfeld und spielt eine zentrale Rolle in der Verletzungsprävention. Ziel der Analyse ist es, die Stabilität, Mobilität und Bewegungskontrolle anhand spezifischer Kriterien bei der Ausführung von Einbeinkniebeugen (Pistol Squat und Skater Squat) sowie dem Flieger zu bewerten. Diese Übungen werden sowohl von vorne als auch seitlich gefilmt und anschliessend qualitativ ausgewertet. Dabei werden unter anderem Kriterien wie die Stabilität der Beinachse und des Beckens untersucht.
3. Einbeinige Sprünge seitlich
Mit seitlichen Einbeinsprüngen werden die Schnelligkeit sowie die reflexive Stabilität des Oberkörpers und Rumpfes während maximal schneller, einseitiger Beinbewegungen auf Zeit getestet. Eine stabile Oberkörper- und Rumpfhaltung unterstützt dabei besonders Sprints und schnelle Richtungswechsel.
4. Optojump
Bei diesen Tests werden die Schnelligkeit sowie die Explosiv- und Reaktivkraft als Voraussetzung für Sprints, Richtungswechsel und Blocks getestet.
5. Einbeinige Sprünge vorwärts und mit Rotation
Bei den einbeinigen Sprüngen, sowohl vorwärts als auch mit Rotation, bei denen möglichst weit gesprungen wird, wird die explosive Kraftentwicklung auf einem Bein als Voraussetzung für Sprints und Richtungswechsel bewertet.
6. Medizinball Rotationswürfe
Die Rumpfkraft wird mithilfe von Rotationswürfen mit dem Medizinball gemessen. Sie ist entscheidend, um rotatorische Kräfte zu erzeugen und abzufangen sowie eine Voraussetzung für reflexive Stabilität bei Sprints, Richtungswechseln und Zweikämpfen.
7. Reaktionstest
Um sich auf dem Spielfeld schnell orientieren und reagieren zu können, werden in einem Reaktionstest die Reaktionsfähigkeit, die räumliche Orientierung, die Explosivität sowie die repetitive Reaktions- und Sprintfähigkeit über drei Intervalle à 20 Sekunden gemessen.
8. Linearer Sprint (5 m / 20 m Sprint)
Für explosive Beschleunigungen bei Kontern, Turnovers oder Back Checking sind Antrittsschnelligkeit und Schnelligkeit entscheidende Voraussetzungen.
9. T-Test
Die Fähigkeit, sich schnell an veränderte Spielsituationen anzupassen, insbesondere durch schnelle Körperrotationen und horizontale Beschleunigungen, wird im T-Test gemessen, wobei der Fokus auf der Explosivität liegt.
10. Richtungswechsel 180°
Die Antrittsschnelligkeit, der Top-Speed und der maximal schnelle Richtungswechsel auf beiden Seiten werden getestet, da sie wichtige Voraussetzungen für ein schnelles Angriffs- und Umschaltspiel, Cuttings, Täuschungsmanöver sowie agiles Zweikampfverhalten in der Offensive und Defensive sind.
11. Repeated Sprint Ability (RSA)
Um die Ermüdungsresistenz während einzelner Einsätze oder eines Spiels zu beurteilen, werden im RSA-Test die Antrittsschnelligkeit, die Top-Speeds und der maximal schnelle Richtungswechsel innerhalb einzelner Sprints sowie die repetitive Sprintfähigkeit über mehrere Serien gemessen.
Goalie-Tests
Die Goalies absolvieren die Tests 1 bis 6 wie die Feldspieler und Feldspielerinnen. Bei der Goalie-Position sind besonders die Verschiebung und Positionierung entscheidend, wofür ein Test speziell für sie entwickelt wurde.
In diesem Test werden vier verschiedene Spielsituationen mehrmals simuliert, wobei die Ausführungsqualität der Verschiebung und Positionierung anhand visueller Signale in einem isolierten Feldtest über einen längeren Zeitraum von einem Testleiter oder einer Testleiterin qualitativ beurteilt wird.
Was ist bei der Auswahl von Leistungstests zu beachten?
- Die Tests sind möglichst sportartspezifisch.
- Die Tests können im Feld durchgeführt werden und benötigen wenig Ressourcen (Material, Testhelfende, Zeit).
- Die Tests erfüllen einen möglichst hohen Grad der Gütekriterien Objektivität (Messung unabhängig von der Testperson), Reliabilität (Wiederholbarkeit der Messung) und Validität (Gültigkeit der Messung).
- Die unterschiedlichen physischen Anforderungen an die Positionen der Goalies und der Feldspieler und Feldspielerinnen werden berücksichtigt.
- Es werden nur quantitative und qualitative Messdaten erhoben, die anschliessend ausgewertet werden und einen Nutzen für die Spieler und Spielerinnen bieten.
Auswertung
Die Auswertungen sollen sowohl für die Trainer und Trainerinnen als auch für die Spieler und Spielerinnen leicht verständlich sein. Die Entwicklung vom Vortest zum aktuellen Test soll klar dargestellt werden. Damit die Spieler und Spielerinnen ihre Werte besser einordnen können, ist es hilfreich, im Laufe der Zeit Referenzwerte für die verschiedenen Kaderstufen festzulegen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Kommunikationsweg: vom Testtag über die Auswertung und den Informationsaustausch zwischen den Athletiktrainern und -trainerinnen des Verbandes bis hin zu den Clubtrainern und -trainerinnen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Spieler und Spielerinnen ganzheitlich und zielorientiert unterstützt werden.
Fazit: Das Screening hilft, ein umfassendes Bild der physischen Verfassung des Spielers und der Spielerin zu erhalten und diese ganzheitlich zu fördern. Es wird empfohlen, möglichst sportartspezifisch und in regelmässigen Abständen zu testen. Um das volle physische Potential der Spieler und Spielerinnen auszuschöpfen, ist es entscheidend, Rückmeldungen zu den Testergebnissen zu geben.
Coming soon
Im dritten Artikel wird ein Resümee des vierjährigen Projekts «SUBS swiss unihockey basic screening» gezogen und ein Blick in die Zukunft gewagt.