Für eine bessere Bewegungsqualität
Ein sanftes und effizientes Ausgleichstraining, das den Körper vom Zentrum her kräftigt, formt und dehnt und die Körperhaltung sowie das Körperbewusstsein optimiert – das ist Pilates. Um Bewegungs- und Haltungsfehler zu vermeiden, ist eine fachliche Einführung in die Methode wichtig.
Pilates ist mehr als ein kurzfristiger Trend, der von der Fitness-Industrie auf den Markt gebracht wurde. Die klassische «Pilates-Methode» hat Geschichte, denn die Trainingstheorie und der grosse Fundus an Übungen wurden über mehrere Jahrzehnte von Joseph Hubertus Pilates (1883-1967), seinen Nachkommen und Schülern weiterentwickelt.
Heute kommt Pilates sowohl bei Gesundheits- und Breitensportlern jeden Alters, bei professionellen Tänzern und Athleten wie auch in der Rehabilitation zur Anwendung. Wobei in zeitgenössischem Pilates neuere trainingswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt und vermehrt auch zielgruppenspezifische Anpassungen gemacht werden.
Das «Wie» ist entscheidend
Eine vollständige klassische Pilates-Abfolge durchzuführen ist ziemlich herausfordernd und kann bei fehlerhafter Ausführung zu Haltungsproblemen und Schmerzen führen. Im Vergleich zur klassischen Methode ist im heutigen Pilates das Tempo reduziert und der Rhythmus sanfter geworden. Bei der Ausführung der Übungen geht es nach wie vor nicht um das «Wieviel» sondern um das «Wie». Dazu werden in einer Pilates-Lektion bestimmte Prinzipien angewandt.
Die neun Grundprinzipien
- Konzentration: Die Aufmerksamkeit ist vollständig auf die Übung gerichtet. Jede Bewegung kommt aus der Körpermitte, dem Zentrum.
- Atmung: Bewusstes Atmen ist von vitaler Bedeutung und ermöglicht eine wirksame Übungsausführung ohne Bauchatmung. Die Technik der seitlichen Zwischenrippenatmung ermöglicht es die Bauchmuskeln gezielt zu kräftigen.
- Zentrieren: Die Körpermitte bzw. die Muskulatur des Zentrums ist die Quelle der Kraft für die Ausführung der Übungen.
- Kontrolle: Das Training folgt dem Leitsatz: «maximales Resultat mit minimaler Anstrengung» oder «so viel wie nötig, so wenig wie möglich». Dabei geht es darum möglichst effizient zu trainieren.
- Präzision: Präzise Bewegungsabläufe und eine stete Kontrolle der korrekten Ausführung führt zu effektiven Resultaten.
- Bewegungsfluss: Vermeiden von abrupten, schnellen und unpräzisen Bewegungen, die Übungen werden zusammengehängt. Es kommt zu einem «Flow»-Gefühl.
- Isolation: Isometrische Aktivierung der tiefliegenden und stabilisierenden Muskeln vor der dynamischen Übungsausführung.
- Regelmässigkeit: Geduldiges Üben und regelmässige Partizipation bringen den Erfolg.
- Integration: Anwendung der erworbenen Kenntnisse im Alltag, z.B. beim Sitzen eine aufrechte Haltung einnehmen.
Das Körperzentrum als Grundlage
Die Lektionen beinhalten ein globales Körpertraining, durch das die vorderen, hinteren und gekreuzten kinetischen Muskelketten sowie die Atmung trainiert und koordinativ auf die Bewegungsabläufe abgestimmt werden. Das Training ist ganzheitlich ausgerichtet und integriert alle Köperteile. Dadurch wird die Wahrnehmung der Körperhaltung während der Übungsausführung verbessert. Die gesteigerte Konzentration ermöglicht die Kontrolle der Bewegung, der Gelenke, der Position der Finger, der Schultern, des Rückens, des Beckens, der unteren Gliedmassen und somit eine Körperbeherrschung von Kopf bis Fuss.
Die Bewegungen werden weder steif und verspannt, noch zu schnell oder zu langsam, sondern vielmehr harmonisch, graziös, fliessend und kontrolliert ausgeführt. Wobei der Bewegungsfluss von der Körpermitte gesteuert wird (siehe Kasten oben). Das Training des so genannten «Zentrums» – womit die in der Körpermitte tief-liegende Muskulatur rund um die Wirbelsäule gemeint ist, die so genannte Stützmuskulatur, – ist die Grundlage aller Übungen.
Mechanische Prinzipien
Die Muskeln des Beckenbodens und die tiefe Rumpfmuskulatur werden unter Einbezug der Atmung gezielt gekräftigt. Jeder Übung unterliegt ein Atemmuster, welches die Ansteuerung der tiefliegenden Muskelgruppen unterstützt. In der Regel findet eine Muskelkontraktion in der Ausatmung statt. Die postero-laterale Zwischenrippenatmung erlaubt es allerdings auch beim Einatmen das Zentrum aktiv bzw. die Bauchmuskulatur angespannt zu halten.
Neben einem unterstützenden Atemmuster ist auch die Ausrichtung der Wirbelsäule ein wichtiger Faktor für die Ausführung eines effizienten Trainings. In der neutralen Lenden-Beckenposition liegen das Schambein und die Beckenkammknochen auf einer Ebene.
Die Wirbelsäule weist bei neutraler Lenden-Beckenstellung ihre natürliche Doppel-S-Form auf und das Gewicht ist ebenmässig auf dem Hinterkopf, der Brustwirbelsäule und dem Kreuzbein verteilt. Als Merkpunkt kann man sich vorstellen, eine Schale Wasser auf den Bauch zu stellen, ohne das Wasser auszuschütten (siehe Abbildung).
Dynamisches Training durch Anpassungen…
Von einem gut angeleiteten Training profitieren nicht nur Erwachsene. Auch bei Kindern und Jugendlichen hat sich das Training bewährt, denn die Übungen können zielgruppengerecht angepasst werden. Die Prinzipen werden oftmals über Geschichten und eine bildhafte Sprache vermittelt.
Die Grundlage von Pilates bildet die «Mat Work» – eine Reihe von Übungen, die auf einer Matte durchgeführt werden. Bestimmte Geräte – wie der Reformer, Cadillac oder Barrel – bieten zusätzliche Widerstände und unterstützen einen Bewegungsablauf. Ausserdem können Pilates-Übungen mit Hilfsmitteln – wie dem Magic Circle, Toning Balls oder dem Thera Band – erschwert oder vereinfacht werden. Auch hier geht es darum, das Training spezifischer auf die individuellen Bedürfnisse (Alter, körperliche Verfassung) der Übenden anzupassen.
…für Körper und Geist
Ein regelmässiges Training fördert sowohl das körperliche als auch das geistige Wohlbefinden. Das Ziel besteht darin, einerseits das körperliche und mentale Bewusstsein der Menschen zu vertiefen und andererseits Körper und Geist in Harmonie zu bringen. Das Pilates-Training wirkt schmerzlindernd, da tiefere Muskeln gekräftigt und das Becken sowie der Rücken gestärkt werden. Gleichzeitig wird die Haltung verbessert und die Silhouette verfeinert, indem schwache Muskeln gestärkt und steife gestreckt werden.
Dank der Dehnung der Muskulatur und der Glieder erhöht das Training die Beweglichkeit, verlangsamt und vertieft die Atmung, korrigiert die Haltung und lehrt die korrekte Ausführung von Bewegungen im Alltag. Die Koordination wird verbessert, was Alterserscheinungen entgegentritt. Eine regelmässige Ausübung dient als Ausgleich zum Alltagsstress, steigert das Wohlbefinden und ermöglicht eine geistige Entspannung.