Spielen lernen
In diesem Artikel wird das Spiel aus der Perspektive des Kindes beleuchtet. Die Hauptbotschaften lauten: «Kinder wollen spielen» und «Spielen entspricht einem Bedürfnis der Kinder».
Kinder wollen spielen
Spielen ist die wichtigste Tätigkeit der Kinder. Dabei setzen sie sich mit ihrer inneren und äusseren Welt auseinander. Kinder zeigen schon sehr früh eine grosse Neugierde. Sie interessieren sich für alles, was sich bewegt, anfassen lässt, klingt, riecht oder schmeckt.
Forscher schätzen, dass Kinder bis zum 6. Lebensjahr rund 15 000 Stunden spielen sollten, was durchschnittlich 8 Stunden pro Tag entspricht. Spielen kann also als «Beruf» der Kinder bezeichnet werden.
Spielen ist eine freiwillige Beschäftigung mit ungewissem Ausgang. Es ist herausfordernd, spannend und freudvoll. Der Spielende erfährt das Spiel als «anders» als das «normale Leben». Spielen ist eine Tätigkeit, die zum Vergnügen, zur Entspannung oder aus Freude am Spiel selbst ausgeführt wird.
Dabei entsteht oft ein Wechselbad der Gefühle. Positive Emotionen wie Spannung und Freude treiben die Kinder an, weiter und noch mehr zu spielen.
Kinder wollen spielen, weil es ihren Bedürfnissen entspricht
Menschen wollen grundsätzlich positive Gefühle erleben. Sie versuchen, negative Gefühle wie z. B. Scham zu vermeiden. Dieser Antrieb drückt sich auch in den folgenden psychologischen Grundbedürfnissen des Menschen aus. Diese müssen befriedigt werden, damit Kinder (aber auch Erwachsene) motiviert sind.
Bedürfnis nach Autonomie
Im Spiel können Kinder ihre Individualität entdecken und sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit entwickeln. Sie handeln gerne selbstbestimmt und wollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selber entscheiden. Das Spiel ist für die kindliche Selbstbestimmung ein ideales Lernfeld, das «freie Spiel» eine geeignete Form.
Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit
Kinder brauchen andere Kinder, um eine soziale Gemeinschaft erleben zu können. Eingebunden zu sein und zusammen zu spielen, gibt Kindern das Gefühl, akzeptiert zu sein und sich austauschen zu können.
Die Leiterperson muss dieses Bedürfnis im Unterricht und Training, speziell auch im Spiel, berücksichtigen: Alle Kinder sollen mitspielen können. Ein gutes Lernklima ist zentral, damit sich Kinder integriert und aufgehoben fühlen. Kinder wollen von den anderen Kindern und der Leiterperson geschätzt, respektiert und toleriert werden.
Kinder wollen erfolgreich sein
Bedürfnis nach Kompetenz: Menschen haben das Verlangen, sich kompetent zu fühlen. Zu wissen, «das kann ich», motiviert Kinder und Erwachsene. Kinder setzen sich spielend mit ihrer Umwelt auseinander. Getreu dem Motto «Das Unbekannte muss bekannt werden, das Neue wartet auf eine persönliche Entdeckung, das Reizvolle will erlebt werden!» (Armin Krenz) wollen Kinder ihre Umwelt entdecken, verstehen und sich mit unbekannten Dingen vertraut machen. Auf dieser Auseinandersetzung baut der Erwerb von Fertigkeiten und Kompetenzen auf.
Kinder lernen spielend
Lernen heisst «selbst tun». Haben Kinder genügend Zeit und optimale Rahmenbedingungen, werden sie zum Spielen angeregt und lernen im Spiel beiläufig und unbewusst (implizit). Denn Spielen und Lernen sind bei Kindern untrennbar verbunden (Krenz, 2001).
Im Spiel machen Kinder intensive Erfahrungen, bei denen sie emotional betroffen und sehr aufmerksam sind. Spielend können sich Kinder länger und einfacher konzentrieren, ohne dass sie sich bewusst dafür anstrengen müssen.