Overreaching and Tapering
Sobald ein Athlet die Qualifikation/Selektion für einen Anlass erhalten hat, kann er mit der Trainingsplanung loslegen. Die letzten Wochen vor dem Anlass sind dabei besonders wichtig und sie sollen so geplant werden, dass sie einem «optimalen» Schema entsprechen.
Je mehr ein Athlet trainiert, desto besser wird er. Aber er wird auch müder sein. Umgekehrt wird er, je mehr Ruhephasen er einlegt, an Fitness verlieren. Es ist nun also wichtig, die Art, die Dosierung und das Timing zwischen Belastung und Regeneration zu finden. Ein optimales Trainingsschema, um am Tag des Wettkampfes die maximale Leistungsfähigkeit zu erreichen, beinhaltet drei Phasen.
- «Normale» Phase: Hier geht es um die Standards, mit den gewohnten Variationen und Periodisierungen des Trainings.
- Overreaching: Die letzte Phase des Trainings mit hoher Intensität. Hierbei wird versucht, das Niveau weiter zu steigern, indem weitere Stimulationen physiologischer, muskulärer und technischer Hinsicht stattfinden. Diese Länge dieser Phase hängt von der Sportart, vom athletischen Niveau und der zur Verfügung stehenden Zeit ab. In der Regel dauert sie zwischen 15 und 20 Tage. Es ist der letzte Moment, um «zu trainieren»! Denn während der letzten drei Wochen vor der Meisterschaft kann man nur noch den Zustand der physischen Bereitschaft optimieren.
- Tapering: Während dieser Phase entscheidet sich, ob der Athlet am Tag X seine Topform erreicht oder nicht. Die Details werden im Folgenden beschrieben.
Was bedeutet Tapering und weshalb ist es von zentraler Bedeutung?
Mit Tapering wird die Reduktion der Trainingsbelastung in den Tagen bzw. Wochen vor einer wichtigen Wettkampfphase (z. B. Olympischen Spielen, Europa-, oder Weltmeisterschaften) bezeichnet. Tapering hat das Ziel, den psychologischen und physiologischen Stress des täglichen Trainings zu reduzieren und die Leistung zu optimieren. Um Spitzenleistungen zu ermöglichen, ist eine optimale Gestaltung und Planung der Taperphase notwendig. Verschiedene Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass ein Grossteil von Athleten in den Tagen und Wochen unmittelbar vor Beginn der Wettkampfphase hinsichtlich Tapering Fehler begeht und vor allem zu hohe Trainingsvolumen bewältigt.
Wie sollte die Taperphase in der Trainings- und Wettkampfplanung integriert werden?
Die grössten Leistungsverbesserungen werden erzielt, wenn nach einer anstrengenden, mehrere Wochen dauernden Ausbelastungsphase mit gezielten, hohen Belastungen, eine Taperphase folgt. Im Vergleich zur Ausbelastungsphase sollte in der Taperphase:
- das Trainingsvolumen um ca 50 % reduziert werden;
- die Trainingsintensität beibehalten werden;
- die Frequenz der Trainingseinheiten höchstens um 20 % reduziert werden.
Die Trainingsbelastung sollte dabei exponentiell reduziert werden und ca. 10–20 Tagen andauern.
Wie soll die Trainingsbelastung während der Taperphase gesteuert werden?
Tapering sollte, wie andere Trainingsphasen auch, individuell erprobt werden. D. h. Athleten und Trainer sollten die generellen Empfehlungen (zu Trainingsvolumen, Frequenz, Intensität und Dauer) möglichst in der Saison vor den Olympischen Spielen testen, um individuelle Anpassungen machen zu können.
Zur Steuerung und dem Monitoring der Trainings- und Wettkampfbelastungen ist eine Trainingsprotokollierung mit mindestens folgenden Parametern notwendig:
- Inhalt
- Volumen
- Intensität
- Frequenz
Können während der Taperphase auch Wettkämpfe absolviert werden?
Ja. Die Wettkämpfe sollten dabei so eingeplant werden, dass die Gesamtbelastung (Training und Wettkampf) den Planungsvorgaben der Taperphase entsprechen. Allerdings muss mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit bei Wettkämpfen während der Taperphase gerechnet werden.
Welche Leistungsverbesserung können nach der Taperphase erreicht werden?
Bei optimalem Training kann je nach Athlet und Sportart eine Verbesserung der Leistung von 0,5 bis 6 % erwartet werden.
Wie ist die Leistungsverbesserung nach der Taperphase zu erklären?
Wird im Anschluss an eine Ausbelastungsphase die Trainingsbelastung reduziert (Tapering), ergeben sich auf physiologischer und psychologischer Ebene positive Anpassungen. Die wesentlichen positiven physiologischen Anpassungen sind in folgenden Systemen zu beobachten: Herz-Kreislauf, Atmung, Stoffwechsel, Hormone und Muskel-Nerven. Dabei kommt es zu einem Anstieg des Blutvolumens, der Anzahl Erythrocyten, der Konzentration von Hämoglobin und Haptoglobin. Auf psychologischer Ebene kommt es u. a. zu verbesserter globaler Befindlichkeit, höherer Schlafqualität, höhere Vitalität und nachlassende Ermüdung.
Entsprechend dem Grundgedanken des Fitness-Ermüdung-Modells von Banister beeinflussen zwei Prozesse den Leistungszustand. Einerseits erhöht das Training (Trainingsimpulse) die potenzielle Leistungsfähigkeit (Fitness) für eine gewisse Dauer, andererseits führt es zu einer Ermüdung. Beide Effekte werden über die Zeit abgebaut. Die Ermüdungswirkung ist dabei grösser, aber von kürzerer Dauer (etwa ein Drittel der Zeit). Erst wenn die Ermüdung stark zurückgeht und die Leistungsfähigkeit (Fitness) noch ausreichend hoch ist, kommt es zur Topform.