Tradition und Trend
Rückschlagspiele zählen zu den ältesten Spielen der Menschheit. Zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedensten Ecken und Enden der Welt entstanden Ballspiele mit der gleichen Grundidee: Einen Ball mit schlagen (kicken, köpfeln) geschickt im Spiel halten. Ein grober geschichtlicher Abriss.
Aus der Idee des Ball-Rückschlagens entwickelten sich Dutzende Spielformen und Sportarten mit Variationen bei den Bällen, Schlägern, Spielfeldern, Zählweisen und Anzahl Beteiligten. Die Entwicklung ist alles andere als abgeschlossen. Rückschlagspiele werden immer wieder neu erfunden und angepasst. So bleibt die uralte Spielidee stets aktuell und setzt immer wieder neue Trends.
Es braucht nicht viel
Am Adriastrand Bačvice in der kroatischen Stadt Split entstand Anfang des 20. Jahrhundert das Rückschlagspiel «Picigin». Es wird auch heute noch mit viel Eifer und Eleganz von Einheimischen jeden Alters am Sandstrand gespielt und trägt viel zum Lokalstolz bei. Zu fünft wird in kooperativer Form ein kleiner Gummiball im knietiefen Wasser von Hand zugespielt. Die Spielenden werden zu spektakulären Hechtsprüngen herausgefordert. Heute wird Picigin als lokale Besonderheit touristisch genutzt und es werden medienwirksame «Weltmeisterschaften» veranstaltet.
Das Spiel ist ein Paradebeispiel dafür, wie Spiele entstehen und sich verändern, wie sie durch örtliche und zeitliche Gegebenheiten geprägt werden und wie sie kulturelle Bedeutung erlangen können. Picigin ist auch ein gutes Beispiel für die hier propagierten Ballspiele: Es braucht nicht mehr als einen Ball und ein paar Mitspielende und schon kann viel Spiel- und Bewegungsfreude entstehen.
Von old school bis trendy
Aufgrund seiner langen Geschichte hat Faustball oft einen «Old School»-Touch. Zuweilen kämpft die Sportart mit dem Image eines «Altherrensports» und dem beachtlichen Platzbedarf auf einer Wiese. Transferiert man das Spiel auf einen kleineren Raum, gewinnt es an Dynamik und erweist sich als sehr zeitgemässes, einfach zu erlernendes und überaus attraktives Spiel für viele Gelegenheiten (siehe «Faustis»).
Gleiches gilt für viele andere Rückschlagspiele. Zwischen «old school» und «trendy» ist es manchmal nicht weit. Viele Rückschlagspielformen haben sich unabhängig voneinander entwickelt, sind aber trotz fehlender direkter Verbindung eng miteinander verwandt. Nuancen machen den Unterschied. Die Verbindungen über die Jahrtausende und Kontinente hinweg lassen sich beispielsweise bei Rückschlagspiele erkennen, die mit dem Fuss («Footis») gespielt werden.
Von Fuss ….
Vom «Ti Jian Zi », dem uralten Spiel aus China (2500 v.Chr.), dem nur wenig jüngeren koreanischen «Jeigichagi» und anderen fussballähnlichen Jonglierformen ist es nicht allzu weit zum US-amerikanischen, stylischen «Hacky Sack» (1970er Jahre), das aufgrund des Ballführens (annehmen/abgeben statt kicken) allerdings kein Rückschlagspiel im engeren Sinne ist. Verwandtschaften zeigen sich ebenso deutlich zwischen dem tschechoslowakische «Fussballtennis» respektive «Futnet» (1920er Jahre), dem etwas jüngeren deutschen «Schnürles» und dem deutlich älteren, noch artistischeren thailändisch-malaysischen «Sepak Takraw » (ca. 1500 n.Chr.).
…über Hand …
Bei den «Handis» ist es nicht anders: Bereits während der Antike wurden Bälle mit den Händen hin und her geschlagen. Dokumentiert sind Spiele in Ägypten, Griechenland, im Römischen Reich, aber auch in Mittelamerika.
Ab dem 17. Jahrhundert werden Rückschlagspiele mit Wänden immer beliebter, so dass zahlreiche Kirchen – in Angst um ihre teuren Buntglasscheiben – das Ballspielen auf Hinweistafeln verboten. Das Spiel «Eton Fives » entstand beispielsweise an der Wand der «Eton College Chapel» und die heutigen Spielfelder gleichen noch immer dem sakralen Vorbild. Zwischen den «Wand ab»-Rückschlagspielen des 17. Jahrhunderts, dem «American Handball» aus dem 19. Jahrhundert und dem heutigem «Wallball» gibt es noch zahlreiche weitere Varianten.
Weshalb eine ganz bestimmte Variante gerade besonders angesagt ist, darüber lässt sich oft nur mutmassen. Aber gerade die feinen Unterschiede sind es, die sich perfekt nutzen lassen, um ein Rückschlagspiel auf spezifische Besonderheiten anzupassen. Und so kann es sein, dass aus «old school» schnell mal «trendy» wird.
… zu Schläger und Kopf
Beispiele von Rückschlagspielen jüngeren Datums sind «Padel-Tennis» (ca. 1974, Pádel), Goba (Mitte 80er-Jahre), «Roundnet » (1989/2008, Spikeball®), «Beachtennis » (ca. 1998/2008), «Crossminton» (2001, Speed Badminton respektive Speedminton®), «Bossaball» (2005), «Headis» (2006), «Wallball» (~2009) oder «Street Racket» (2015). Sie sind – lokal oft recht begrenzt – gerade besonders hip. Bei anderen flacht der Trend bereits ab. Einzelne Spiele werden aufwändig beworben und/oder sind bezüglich Infrastruktur aufwändig (z. B. «Padle-Tennis» und «Bossaball»). Auf letztere Spiele wird hier nicht näher eingegangen, ebenso wenig auf die «grossen» Rückschlagspiele Badminton, Tennis, Tischtennis, Squash und Volleyball.
Zeitlos und gesund
Rückschlagspiele werden nicht nur immer neu erfunden, sie sind auch besonders gesund. Das trägt wesentlich zu deren zeitlosen Popularität bei. Bei den meisten Rückschlagspielen kommt es dank getrennten Spielfeldern nicht zum direkten Kontakt mit dem Gegner oder der Gegnerin. Wird das Spielfeld – wie beispielsweise im «Wallball» – miteinander geteilt, so gilt der Körperkontakt als Regelverstoss. Rückschlagspiele gelten denn auch nicht wirklich als gefährlich.
Mit angepasstem Aufwärmen, guter Lauf- und Schlagtechnik sowie einem auf «Stop-and-go»-Belastungen vorbereiteten Bewegungsapparat können Verletzungen vorgebeugt werden. So lassen sich Rückschlagspiele von klein auf bis ins hohe Alter betreiben. Regelmässig betrieben, wirken sie sich besonders positiv auf Wohlbefinden und Gesundheit aus.
Neuste sportmedizinische Studien belegen einen überdurchschnittlichen Effekt auf die Lebensdauer noch vor klassischen «Gesundheitssportarten» wie z.B. Jogging, Schwimmen oder Velofahren. Dazu beitragen dürften die intensive Intervallbelastung des Herz-Kreislaufssystems, das Training der Geschicklichkeit durch das Spiel mit dem Ball und nicht zuletzt die soziale Eingebundenheit aufgrund des Austauschs mit den Mitspielenden.